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Nichts bei Stellantis passiert überraschend

Binnen 12 Monaten hat sich die veröffentlichte Meinung über Stellantis von
"Stellantis läuft wie geschmiert" (FAZ, 26.07.2023) zu "Stellantis überrascht mit starkem Gewinnrückgang" (Handelsblatt, 26.07.2024) gedreht. Wie kann das sein? Kann ein Unternehmen sich binnen eines Jahres so stark verändern? Natürlich nicht. Es zeigt sich gerade einfach nur, wie falsch die Jubelmeldungen der letzten Monate waren. Ganz offensichtlich tippen zu viele Journalisten nur Pressemitteilungen ab, statt mal genauer in eine Bilanz zu schauen, mit Kunden zu sprechen oder konkret bei Autobauern einfach mal die Produkte zu (er)fahren.

Dann hätten sie gewusst, dass Carlos Tavares bislang nur eine Hälfte seiner Strategie umgesetzt hat: Qualität runter. Das ist völlig fein, denn nicht jeder OEM kann in Luxus flüchten und nur noch teure Autos für Wohlhabende anbieten. Dafür dann mehr Plastik zu verbauen oder etwas langsamer zu Laden: Absolut okay und fair - WENN dann auch die Preise sinken. Und genau jene zweite Hälfte des Umbaus hat Tavares noch nicht geliefert.
Die BEVs von Stellantis sind zwar billig gemacht, aber noch nicht günstig im Preis. Dieser einfache Zusammenhang erklärt den Absturz binnen eines Jahres ganz gut und ich frage mich, was Analysten, die davon "überrascht" sind, eigentlich beruflich machen.

Bevor mich jemand falsch versteht: Das ist keine Kritik an der Strategie von Tavares. Die teils schwierigen Stellantis-Marken hart zu sanieren und gute Geschichten für den Kapitalmarkt erzählen ist sein Job (und alternativlos, wenn Opel, Peugeot und Fiat gegen die neue Konkurrenz aus China eine Chance haben sollen). Im Sinne von Aktionären und Arbeitsplätzen handelt er richtig.

Viel mehr möchte ich die Leute kritisieren, die sich von einem einzelnen hübschen Jahresgewinn blenden ließen. Jeder BWL-Ersti lernt, wie gut man Kennzahlen in kurzfristigen Zeiträumen optimieren kann und wie wenig das über die fundamentale Lage eines Unternehmens aussagt. Mehr kritisches Hinterfragen könnte so manche "Überraschung" verhindern.

 

 

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